Die Bestimmung des Temperaments

 

Zunächst wovon ich abrate und wovor ich warne: Selbstbestimmung und das nähere persönliche Umfeld sollten anfänglich außer Betracht bleiben. Selbsttäuschung und der Wunsch als Vater des Gedankens liegen hier sehr nahe. Die allerpersönlichsten sexuellen Wunschvorstellungen - sie sind der Angelpunkt meiner Temperamen-tentheorie - werden nur selten geäußert, weswegen es heißt: Der Ehepartner erfährt es als letzter. Unsensibles Vorgehen kann sich schnell als beziehungstötend auswirken. Niemand sollte sich denunziert vorkommen, was ich auch im Traktat vermieden habe. Eine moralische oder gar juristische Bewertung einzelner Temperamente lehne ich in diesem Zusammenhang ab. Jedes Temperament hat seine Vor- und Nachteile.

Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen möchte, sollte sich zunächst im ferneren Umfeld kundig machen. Die Bestimmung einzelner Gesichter anhand von Fotos oder Portraits ist in vielen Fällen zwar einfach, insgesamt aber fehleranfällig. Wie variabel der Gesichtsausdruck ist, weiß jeder. Im zwischenmenschlichen Verkehr, im Rollenleben, teils bewusst, teils unbewusst „setzt man ein Gesicht auf“. Der Gesichtsausdruck wird überwiegend geprägt von der Gedankenwelt, in der eine Bewusstseinsmaschine rattert, oft, aber nicht immer im Leerlauf, zeitweise als Munitionfabrik arbeitend, meist nur mit Drogen aller Art zu besänftigen und zu ertragen. Das ist vor allem eine Folge des übermäßig vergrößerten Gehirns. Bei den Bilderserien in den folgenden Kapiteln erkennt man deutliche Unterschiede sich zu präsentieren, abhängig von zeitlichem und kulturellen Hintergrund. Von diesen gilt es zu abstrahieren auf den entspannten Gesichtsausdruck.

Die Einschätzung des Temperaments entzieht sich dem flüchtigen Blick, der durch die Bilderhektik in den Medien gefördert wird. Das lässt die Vermutung aufkommen, dass genaueres intensives Hinschauen von uns und den Produzenten der Bilderflut, welche den Charakter einer Droge annimmt, nicht gewünscht wird. Alles soll im Ungefähren bleiben.

Die Einschätzung des Temperaments wird bei den "Viererbanden" dadurch erleichtert, dass hier alle vier Temperamente vertreten sein sollten. Der Grund dieses Postulats ist einfach: Die Besetzung aller vier Tempe-ramente ist die beste Voraussetzung für eine langzeitkonstante Beziehung. Die „promiskuitive“ Findungsphase und das Ringen um eine gemeinsame Konvention und Zielsetzung lässt bei einer intensiven tagtäglichen Kooperation andere Konfigurationen vorzeitig scheitern, es sei denn, sie sind von Zwängen diktiert.

Die Beobachtung von intimen Paaren vor allem im familiären Bereich, wo ich längere Zeit Gast sein durfte, außerdem im Kollegium, wenn auf Tournee die Ehefrauen dabei sein durften, war mein erster Zugang zur Temperamententhematik. Ich kam dabei zu der Überzeugung, dass es da Gesetzmäßigkeiten geben müsse, vor allem bei langfristigen Beziehungen. Ich werde daher auch mit den Paaren beginnen. Danach präsentiere ich als primäre Assoziationen einige Viererbanden, deren Zusammenfinden oder Zusammenstellung in der Regel unbe-wusst erfolgt.

Den Begriff der Viererbanden verwende ich wertungsfrei (wie im Englischen eine Band) im Sinne enger Verbundenheit. Wer den Begriff dennoch unpassend findet, dem möchte ich zu bedenken geben, dass das Bandenwesen die Grundlage unseres Sozialverhaltens darstellt.

Ein weiterer Zugang ist die Einschätzung des Imponiergehabes, welches  bei den Viererbanden schon präsent ist, aber durch Fremdeinwirkung bei den gestellten Posen oftmals verdeckt ist. Ich werde darauf später eingehen.